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Hausdurchsuchungen: OGH stützt Vorgehen der Kartellbehörden

Was ist der Bundeswettbewerbsbehörde bei Hausdurchsuchungen in Kartellverfahren erlaubt, was nicht? Dazu hat der OGH als Kartellobergericht nun Leitentscheidungen getroffen.
Von Redaktion
16. Januar 2012

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 09. November 2011 Entscheidungen zur Anordnung und Durchführung von Hausdurchsuchungen (HD) in Kartellermittlungen durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) getroffen.

Im Folgenden die wichtigsten Aussagen im Originalwortlaut:

Welche Unterlagen können bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt werden?

  • „Dass im Rahmen von Hausdurchsuchungen bei anderen Unternehmen auch Unterlagen sichergestellt wurden, die die Antragsgegnerin [Anm.: ein drittes Unternehmen] betreffen, ist nicht unzulässig…, dient die HD bei einem Unternehmen doch allgemein zur Erlangung einschlägiger Beweismittel und nicht nur solcher gegen das jeweilige Unternehmen.“

  • „Hausdurchsuchungen können sich nicht nur gegen die eines kartellrechtlichen Verstoßes verdächtigen Unternehmen, sondern auch gegen Dritte richten, bei denen … Unterlagen … aufgefunden werden könnten.“

Was sind die Untersuchungsgegenstände von Hausdurchsuchungen?

  • „Selbst wenn bereits Beweise oder Indizien für Zuwiderhandlungen vorliegen, sind die Behörden berechtigt, zusätzliche Beweise zu erheben und Auskünfte einzuholen, die es ermöglichen, das Ausmaß der Zuwiderhandlung, deren Dauer oder den Kreis der daran beteiligten Unternehmen genauer zu bestimmen.“

  • „Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Hausdurchsuchung auch nach Informationsquellen gesucht werden darf, die noch nicht bekannt sind.“ 

  • „Ermittlungen sind aber nicht auf Tatsachen beschränkt, die unmittelbar die Tatbestandsvoraussetzungen eines Wettbewerbsverstoßes betreffen, sondern umfassen auch Informationen über den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem der Verfahrensgegenstand beurteilt werden muss.“ 

Wann ist eine Hausdurchsuchung angemessen?

  • „Gestattet der Betroffene die Maßnahme freiwillig, so liegt kein Eingriff vor. Diesfalls gelten die Einschränkungen des Kartellgesetzes nicht.“
    [Eines der Unternehmen hatte die Nachschau laut BWB freiwillig erlaubt und sich nachher über mangelnde Belehrung und Aufklärung durch die Behörde beschwert.]

  • „Nichtigkeit [Anm.: eines HD-Befehles] läge … nur bei völligem Fehlen einer Begründung vor. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.“
    [Ein Unternehmen hatte laut BWB behauptet, dass das Kartellgericht (1. Instanz) keine Begründung für die Erlassung der HD-Befehle geliefert hätte.]

  • „Zweckmäßig ist eine Nachprüfung insbesondere dann, wenn aus Sicht der Behörde Verdunkelungsgefahr besteht.“

  • „Wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass ein Kartell trotz ausdrücklichen Verbotes fortgesetzt wird, ist regelmäßig die Besorgnis berechtigt, die Unternehmen versuchten Beweismittel zu unterdrücken … Aus diesem Grund kann in derartigen Fällen in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass die Anordnung einer Hausdurchsuchung unverhältnismäßig ist.“ 

  • „… kein Gebot einer Befristung des Hausdurchsuchungsbefehles.“

  • „Innerhalb der der Bundeswettbewerbsbehörde zustehenden Ermittlungsbefugnisse trifft das Wettbewerbsgesetz keine hierarchische Ordnung… (16 Ok 5/11 mwN).“
    [Unternehmen haben laut BWB die Auffassung vertreten, dass die BWB zuerst gelindere Mittel (z.B. Auskunftsverlangen etc.) anwenden müsse.]

Wie weit reicht die Kooperationspflicht der durchsuchten Unternehmen?

  • „Danach hat jedermann, wenn auf Datenträgern gespeicherte Informationen sichergestellt werden sollen, Zugang zu diesen Informationen zu gewähren und auf Verlangen einen elektronischen Datenträger in einem allgemein gebräuchlichen Dateiformat auszufolgen oder herstellen zu lassen. Überdies hat er die Herstellung einer Sicherungskopie der auf den Datenträgern gespeicherten Informationen zu dulden.“

(Quelle: PA BWB)

Autoren

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