Die Studie
14. April 2021
Fokussierung und Drei-Jahres-Vergleich
Mit dem hier vorliegenden „Compliance Praxis Survey 2021“ (kurz: COPS 2021) führt das Compliance Netzwerk Österreich bereits zum zweiten Mal eine Befragung unter Österreichs Compliance-Managern durch. In der ersten Runde im Jahr 2018 sollte empirisch ein möglichst vollständiges Bild gezeichnet werden, wie Legal Compliance in österreichischen Unternehmen in der Praxis gelebt wird. Wir fragten damals nach dem Aufbau der Compliance-Organisation, den vorhandenen Ressourcen, den Instrumenten des Compliance-Managements vom Verhaltenskodex bis zum Umgang mit Geschäftspartnern sowie nach externer Unterstützung durch Dienstleister und Informationsquellen der Compliance Officer. So konnten wir identifizieren, an welchen Punkten es im Vergleich zu den bekannten Best Practices Verbesserungsbedarf gibt und wo bereits hohe Standards erreicht wurden. Außerdem konnten wir weitere Aussagen treffen, etwa über die Funktion von Compliance-Programmen, die wichtigsten Compliance-Risikobereiche oder die Kriterien, nach denen Unternehmen Berater auswählen. Das Whitepaper „COPS 2018 – Compliance Praxis Survey – Wie compliant ist Österreich?“ kann am Compliance Praxis-Portal www.compliance-praxis.at kostenlos heruntergeladen werden.
In der Umfrage 2021 richten wir zum einen den Fokus auf einige ausgewählte Themen, die uns aktuell wichtig erscheinen. Whistleblowing gehört hier ebenso dazu wie die Auswirkungen der Corona-Krise oder das Hype-Thema Künstliche Intelligenz. Andererseits wiederholen wir bestimmte Fragen aus 2018, etwa zur Ausgestaltung des Compliance-Management-Systems (CMS) samt den verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen. Dies erlaubt es uns, die Ergebnisse von 2018 und 2021 direkt miteinander zu vergleichen und auf diese Weise Tendenzen und Trends herauszuarbeiten.
Die Fokus-Themen 2021 sind:
- Compliance-Management-System
- Whistleblowing
- Standards & Normen
- IT-Systeme & Künstliche Intelligenz (KI)
- Corona-Krise
Die Befragten
Mit 172 Respondenten hat der COPS 2021 weniger Personen erreicht als 2018, damals lag die Teilnehmerzahl bei 242. Der Grund hierfür liegt darin, dass bei der letzten Studie explizit auch Berater – also Mitglieder von Rechtsanwaltskanzleien und Wirtschaftsprüfungsunternehmen oder andere Dienstleister – zur Teilnahme eingeladen waren, deren Antworten gesondert ausgewertet wurden. Mit der aktuellen Durchführung wollten wir ganz gezielt Compliance-Manager in Unternehmen ansprechen, die operativ für das Compliance-Programm zuständig sind. Auf diese spezifische Berufsgruppe sind die Fragen zugeschnitten.
Dass diese Zielgruppe gut erreicht wurde, lässt sich unter anderem daran ablesen, welche Funktion die befragten Personen im Unternehmen innehaben (vgl. Grafik 1): 58% sind Compliance Officer (vs. 45% in COPS 2018), weitere 12% Compliance-Mitarbeiter, rund 40% sind im Management oder in der Geschäftsführung tätig. Unter „andere Funktion“ wurden Positionen wie Head of Legal bzw. Legal Counsel, Geldwäsche- oder Datenschutzbeauftragter und Mitarbeiter der Internen Revision genannt, also ebenfalls mit Compliance-Agenden im weiteren Sinne befasste Ressorts.
Frage: Welche Funktion haben Sie in Ihrem Unternehmen/in Ihrer Organisation?
in %, Mehrfachantworten, n=172
Gesunken ist der Anteil der Befragten mit Geschäftsführerfunktion, und zwar um knapp 8%. Dies könnte daran liegen, dass Ein-Personen-Unternehmen im Sample weniger stark vertreten sind (vgl. folgendes Kapitel „Die Unternehmen“). Analog lässt sich feststellen, dass die Compliance-Funktion organisatorisch seltener auf Vorstandsebene angesiedelt ist.
Ein weiteres Indiz für das treffsichere Erreichen der angepeilten Zielgruppe sehen wir darin, dass der Anteil der „Ich weiß nicht“-Antworten, bspw. bei Fragen zu den Finanzen oder zu geplanten Vorhaben, über die gesamte Studie hinweg gesunken ist.
Die Unternehmen
Signifikante Veränderungen zeigen sich auch bei der Branchenverteilung der teilnehmenden Unternehmen. So haben sich Organisationen aus der Sparte Industrie/produzierendes Gewerbe von 12% auf 26% mehr als verdoppelt und machen damit dem Finanzsektor (18% vs. 20%) den ersten Platz von 2018 im Ranking streitig. Teils starke Zuwächse sind auch in den Sektoren Energie/Umwelt (12% vs. 4%), Handel (7% vs. 4%) und Pharma-/Gesundheitswesen (6% vs. 4%) zu verzeichnen, während die folgenden Sparten etwas schwächer vertreten waren als vor drei Jahren: öffentlicher Sektor (12% vs. 15%), IT/Telekom (8% vs. 10%), Dienstleistungen (8% vs. 9%) und Unternehmensberatung (5% vs. 8%).
Die Branchenverteilung spiegelt sich in der regionalen Verortung der teilnehmenden Unternehmen wider („Wo befindet sich der Hauptsitz Ihres Unternehmens?“). Hier gibt es Zuwächse bei den industriell geprägten Bundesländern Oberösterreich (9% vs. 5%) und Steiermark (7% vs. 6%), Wien bleibt mit 52% unangefochten an der Spitze und Niederösterreich verliert etwas (6% vs. 7%). Die Bundesländer Tirol, Salzburg, Kärnten und Vorarlberg sind mit 1 bis 4% wenig vertreten, das Burgenland diesmal gar nicht. Am zweithäufigsten mit rund 15% sind Unternehmen mit Stammsitz im Ausland präsent.
Was die Anzahl der Mitarbeiter der teilnehmenden Organisationen betrifft, sind diesmal kleine und kleinste Unternehmen von 1 bis 50 Mitarbeitern (MA) deutlich weniger stark repräsentiert (15% vs. 25%), mittlere Unternehmen mit 51 bis 250 MA sind dagegen stärker vertreten (19% vs. 16%), dasselbe gilt auch für Großunternehmen ab 251 MA (66% vs. 59%).
Insgesamt ergibt sich ein regional und hinsichtlich Branchen diverses, ausgeglichenes Sample, das eine hohe Repräsentativität für Unternehmen mit Compliance-Programmen in Österreich aufweist.
Methodisches
Die Studie wurde im Zeitraum von 18. November 2020 bis 22. Jänner 2021 vom Marktforschungsunternehmen Mindtake als online-basierte, österreichweite Umfrage durchgeführt. Die Interviewdauer betrug ca. 10 Minuten, die Antworten wurden anonym ausgewertet. Angeschrieben wurden die Teilnehmer über die E-Mail-Verteiler von LexisNexis und den die Studie unterstützenden Compliance Netzwerkpartnern Austrian Standards, iWhistle, PwC Österreich, Taylor Wessing sowie Targens.
Die im Folgenden genannten Prozentwerte beziehen sich nicht immer auf die gesamte Stichprobe. Da die Teilnehmer nicht jede Frage beantworten mussten, um den Fragebogen abschließen zu können, kann der Grundwert für die Prozentanteile bei den einzelnen Antworten differieren. Die Grundgesamtheit, auf die sich die Anteile bei den einzelnen Ergebnissen beziehen, wird in den Grafiken jeweils angegeben (Beispiel: „n=123“).
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