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Transparenter Lobbyismus: Ein Widerspruch in sich?

Das Thema Lobbyismus stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu der Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ins Parlament geladen hatte. Anlass für die Podiumsdiskussion war das jüngst in Begutachtung geschickte „Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetzes“.
Von Redaktion
23. September 2011

Am Podium gingen Georg Kathrein (Bundesministerium für Justiz), Hubert Sickinger (Universität Wien), Karl Krammer (Krammer Consultants), Karl Jurka (Jurka P.S.A GmbH) und Ingeborg Zerbes (Strafrechtsexpertin) der Frage nach, ob transparenter Lobbyismus ein Widerspruch in sich sein müsse. Die Moderation der Diskussion übernahm Rainer Nowak (Die Presse).

Nationalratspräsidentin Prammer plädiert für mehr Transparenz

Dem Thema, das man heute behandle, werde man sich im Hohen Haus in näherer Zukunft noch eingehend zu widmen haben, zeigte sich Nationalratspräsidentin Prammer überzeugt, schließlich laufe die Vorbereitung einer Regierungsvorlage zum „Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz“ bereits auf Hochtouren.
Dass keine Enquete zum Thema zustande gekommen ist, bedauerte die Nationalratspräsidentin: Spätestens im Zuge der Vorberatung des Gesetzesentwurfs im Ausschuss werde es aber nötig sein, in einen Dialog mit der Praxis einzutreten, zeigte sie sich überzeugt.

Die zentralen Frage, denen man sich in diesem Zusammenhang zu stellen habe, lauteten: Wer ist ein Lobbyist? Was darf ein Lobbyist? Und wie geht der Gesetzgeber mit dieser Tätigkeit um? In der gegenwärtigen öffentlichen Debatte würden jedoch Dinge verknüpft, die grundsätzlich nichts miteinander zu tun hätten: So käme es etwa nicht selten zu einer Gleichsetzung der Begriffe Lobbyismus und Korruption, die nicht der Realität entspreche. Lobbying, das klaren Regelungen unterliege, sei schließlich nicht per se schlecht. Es gelte deshalb Transparenz zu schaffen, obgleich sie wisse, dass dies angesichts zahlreicher Grauzonen kein leichtes Unterfangen sei.

Kathrein: Arbeiten am Gesetzesentwurf laufen auf Hochtouren

Georg Kathrein, Sektionschef im Bundesministerium für Justiz, kam im Rahmen eines Impulsreferats auf den Entwicklungsprozess des angesprochenen Gesetzesentwurfs zu sprechen und umriss jene Herausforderungen, denen man sich im Rahmen seiner Überarbeitung zu stellen habe. Im Laufe der Begutachtungsfrist seien mehr als 80 Stellungsnahmen zum Entwurf eingetroffen, die weitgehende Unterstützung für das Vorhaben zum Ausdruck gebracht hätten, aber auch kritische Anmerkungen zu mehreren Details enthielten, informierte Kathrein. So gelte es unter anderem noch darüber zu entscheiden, ob die Differenzierung zwischen kollektiven Interessensvertretungen und individuellen Lobbying-Unternehmen aufrecht erhalten bleiben sollte. Derzeit arbeite man mit Hochdruck an der Vereinfachung, Verdichtung und Verkürzung dieser Grundlage. Außerdem befasse man sich mit der notwendigen grundrechtlichen Abstimmung, um sicherzustellen, dass keine überschießenden Maßnahmen verankert werden. Ziel sei es, die parlamentarische Diskussion des Gesetzesentwurfs ehest baldig zu ermöglichen, schloss Kathrein.

Jurka: Ohne Interessensvertretung gibt es keine Demokratie

Karl Jurka (Jurka P.S.A. GmbH) zeigte sich davon überzeugt, dass an der Berufsbezeichnung Lobbyist nichts Anrüchiges sei: Lobbying bedeute schließlich Interessensvertretung, skizzierte Jurka, und ohne diese gebe es keine Demokratie. Den vom Justizministerium in Begutachtung geschickten Entwurf kritisierte er dahingehend, dass er unterschiedliche Behandlungsmodalitäten für Unternehmen und Institutionen schaffe, die die gleichen Ziele verfolgten: Ein diesbezügliches Gesetz sei aber nur dann sinnvoll, wenn die Eintragung im Lobbyisten-Register verpflichtend vorgeschrieben werde und man alle, die von Berufswegen Interessensvertretung anbieten, erfasse.

Zerbes: Gesetz könnte „Unsachlichkeit“ eindämmen

Grundsätzlich positiv zum Gesetzesentwurf äußerte sich Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes, die in diesem Zusammenhang von einer gewissen Präventivwirkung sprach. Zarte Kritik übte die Juristin allerdings an der Forderung nach Preisgabe konkreter Projekte im Rahmen einer Lobbyisten-Datenbank: Dieser Weg werde aus wirtschaftlicher Sicht schließlich schwer gangbar sein, konstatierte sie. Was die Branche insgesamt so „verdächtig“ mache, sei die „Möglichkeit der Unsachlichkeit“, die durch Vermögensflüsse, Nahebeziehungen und Eigeninteresse verstärkt werde. Zur Verhinderung derartiger Entwicklungen regte Zerbes deshalb auch die Überarbeitung bestehender Strafrechtstatbestände an.

Krammer: Die letzte Entscheidung liegt immer bei der Politik

Für Karl Krammer (Krammer Consultants) stand außer Frage, dass es die Politik ist, die am Ende des Tages Entscheidungen trifft. Er verstehe deshalb nicht, warum man das Thema Lobbyismus derart negativ behandle. Was den Gesetzesentwurf anbelangte, hielt es Krammer für notwendig, darauf zu achten, dass das angestrebte Register nicht einen Markt zerschlage, der sich erst aufgebaut habe. Warum die Öffentlichkeit außerdem über alle Kunden und Projekte informiert werden solle, könne er nicht nachvollziehen: Schließlich werde auch anderen Berufsgruppen – etwa Rechtsanwälten – die Wahrung von Klienteninteressen zugestanden, monierte er. Gegen inakzeptable Eingriffe in den Markt und in Grundrechte gelte es deshalb entschieden aufzutreten.

Sickinger: Lobbyisten-Register ist zu befürworten

Politikwissenschaftler Hubert Sickinger hielt es für eine positive Entwicklung, dass man sich des Themas nun auch legistisch annehme. Das bereits mehrfach angesprochene Lobbyisten-Register hielt er vor dem Hintergrund, dass es Sinn mache, zu wissen, wer für welche Interessen einstehe, für durchaus zielführend. Wenngleich eine echte „Landkarte des Lobbyismus“ wahrscheinlich nicht möglich sein werde, hoffe er, dass zumindest der Name des Kunden, der Zeitraum der Betreuung und der grundsätzliche Themenbereich der Beratung angeführt werden müssen. Seriösen Lobbyisten sei die Unterstützung dieses Gesetzes sehr zu empfehlen, meinte Sickinger, schließlich sei es ein probates Mittel, um gegen unseriöse Mitbewerber vorzugehen.

Quelle: Parlamentskorrespondenz

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