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Trägt Korruption Krawatte?

Die Serie aufgedeckter Schmiergeldskandale droht zur Endlos-Telenovela zu werden. Die Orte der Handlung sind bunt, vom Kärntner Kuhdorf bis zum Brüsseler Amtsgebäude. Die gierigen Protagonisten stammen aus Wirtschaft und Politik, verkehren mit „Lobbyisten“, beauftragen „Agenturen“. Dazu spielt leise die Melodie der Unschuldsvermutung. Eines ist für das Format aber völlig untypisch: Frauen spielen keine Hauptrollen. Reiner Zufall?
Von Mag. Klaus Putzer
05. Mai 2011

Im Forum dieses Portals hat eine Diskussion zum Thema Korruption eine unerwartete These zutage gebracht. Das Institut für Interne Revision wird europaweit untersuchen, ob sich eine häufige Beobachtung vieler Ermittler auch statistisch untermauern lässt: dass nämlich Frauen kaum als Bestechende auftreten.

Compliance Officer aller Länder dürften angesichts dieser Aussicht frohlocken. Der Einsatz weiblicher Mitarbeiter in besonders sensiblen, korruptionsgefährdeten Unternehmensbereichen wäre eine relativ simple Lösung für ein hochkomplexes Präventions-Problem.

Sicher ist, dass korrumpierende Mitarbeiter heute nicht mehr tolerabel sind. Fliegen entsprechende Handlungen auf, fällt das Verhalten des einzelnen Mitarbeiters auf das ganze Unternehmen, nicht zuletzt die Geschäftsführung, zurück. Neue Antikorruptionsbestimmungen wie der UK Bribery Act setzen – sinnvollerweise, sollte man sagen – am Kopf der Organisationen an. Manager, die Bestechung in ihren Reihen zulassen oder zumindest nicht konkrete Antikorruptionsmaßnahmen installieren, gehen ganz reale, höchstpersönliche Haftungsrisiken ein.

Die subjektive Wahrnehmung der internen Revisoren deckt sich indessen mit Forschungen des Passauer Korruptionsexperten Johann Graf Lambsdorff. Dieser hat in einer aktuellen Studie Geschlechterunterschiede in Sachen Korruption untersucht und ebenfalls Differenzen festgestellt. Demnach fühlen sich Männer, die Geschenke bekommen, eher genötigt, eine Gegenleistung dafür zu erbringen, während Frauen sich im selben Fall weniger verbindlich in die Pflicht genommen fühlen. Sie sind „quasi korruptionsresistenter“, sagt Professor Lambsdorff im Gespräch mit dem Blog der Uni Passau.

Auch was die aktive Bestechung betrifft schneiden Frauen nach Aussagen Lambsdorffs besser ab. „Männer bestechen häufiger als Frauen“, erklärt er im Interview mit dnwe.de. Die Ursache dafür sei allerdings nicht, dass Männer – moralisch abgebrüht – Bestechung als legitimes Mittel betrachten, während Frauen sich in edler Zurückhaltung üben. Vielmehr vertrauen Frauen nicht genug darauf, dass sie für Ihre Leistungen die zugesagte Gegenleistung auch wirklich erhalten. (Was wiederum, als psychologisch logische Umkehrung der bei Frauen weniger stark ausgeprägten Bereitschaft, für „Geschenke“ eine Gegenleistung zu erbringen, plausibel klingt).

Das Vertrauen auf die „korrupte Reziprozität“ ist aber ein entscheidender Faktor für das Ausmaß von Korruption in einem Land.

Zitat Graf Lambsdorff aus dem dnwe.de-Gespräch: „Nur 13 Prozent bestechen, wenn sie sich über den Erhalt der erwarteten Leistungen unsicher sind. Erscheint die erwartete Leistung dagegen als sicher, steigt das Korruptionsniveau auf 28 Prozent.“

Zweifel an der These sind natürlich – wie immer – erlaubt: Lassen sich die weltweiten Studien durch noch weit verbreitete traditionelle Rollenmodelle erklären – in dem Sinn, dass frau traditionellerweise umworben werden will und nicht umwirbt? Oder, wie in der Forumsdiskussion ebenfalls angedeutet: Sind Frauen schlicht in beruflich korruptionssensiblen Positionen und in Verantwortungspositionen bei Weitem unterrepräsentiert?

Auf die Ergebnisse der Studie darf man gespannt sein, gerade in Österreich. Wie man weiß, befindet sich das Land noch "in einem frühen Stadium der Korruptionsbekämpfung" (Zitat Korruptionsstaatsanwalt Walter Geyer in Persiskop, Ausgabe 39).

Autoren

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