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OGH zum Fall AMIS: Staat haftet für Versäumnisse der Finanzmarktaufsicht

Die Finanzmarktaufsicht ging den Ungereimtheiten beim Finanzdienstleister AMIS nicht konsequent genug auf den Grund. Daher haftet die Republik Österreich für die Schäden, die Anlegern durch die Malversationen des AMIS-Managements entstanden sind.
Von Redaktion
30. Juli 2012

Durch ein Urteil des OGH ist ein jahrelang geführter Musterprozess zu Ende gegangen, in dem AMIS-Anleger die Haftung des Staates geltend machten, weil die Finanzmarktaufsicht nicht rechtzeitig eingeschritten sei und dem kriminellen Vorgehen der AMIS-Organe nicht früher ein Ende gesetzt habe. Der Finanzdienstleister AMIS war 2005 in Konkurs gegangen, 2007 wurden die Gründer und Vorstände wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt.

Zweifelhafte Vermittlerprovisionen

Im Beweisverfahren vor dem OGH hat sich herausgestellt, dass die verurteilten Verantwortlichen es von vornherein auf Kundengelder abgesehen hatten. Mehr als 60 Mio. Euro waren schließlich in private Taschen abgezweigt worden. Die Finanzmarktaufsicht stellte bei mehreren Prüfungen zwar verschiedene Ungereimtheiten fest, zog daraus lange Zeit aber keine ausreichenden Konsequenzen und gab sich weitgehend mit Erklärungen des AMIS-Managements zufrieden, denen nicht weiter nachgegangen wurde.

Besonders auffällig war laut den OGH-Richtern der Umstand, dass AMIS von den Kunden kein Entgelt (Ausgabeaufschlag) verlangte, den Vermittlern aber sehr hohe Provisionen zahlte, die aus den laufenden Einnahmen von AMIS gar nicht beglichen werden konnten, andererseits aber die Vermittler veranlassten, den Kunden besonders AMIS-Produkte zu empfehlen. Die Finanzmarktaufsicht ging Hinweisen auf diesen Umstand nicht nach. Hätte sie dies getan, wäre aufgefallen, dass die Mittel für die Provisionszahlungen aus anderen Quellen als dem Gesellschaftsvermögen, nämlich aus den Anlegergeldern, stammten.

Verletzte Aufsichtspflichten

Der OGH erkannte daher eine schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflichten, die zur Amtshaftung führt. Wäre die Finanzmarktaufsicht den Verdachtsmomenten pflichtgemäß nachgegangen, hätte sie das betrügerische Geschäftsmodell aufgedeckt und hätte es beenden oder den weiteren Zugriff auf Anlegergelder verhindern müssen.

Da dies spätestens Ende 2001 zu einer Beendigung der kriminellen Machenschaften geführt hätte, haftet der Staat den Anlegern für alle Schäden, die nach dem 1. 1. 2002 eingetreten sind.

Abfindungsangebot

Die Republik Österreich hat geschädigten Anlegern bereits Abfindungsangebote im Zuge einer sogenannten Generalbereinigung angeboten: Für eine Abfindung in der Höhe von 27 Prozent der Forderung verzichten Anleger auf weitere Ansprüche gegenüber dem Bund und der Anlegerentschädigung von Wertpapierfirmen und ersparen sich dadurch ein Gerichtsverfahren. Dieses Angebot gilt auch nach dem OGH-Urteil weiter, betonte die Finanzprokuratur gegenüber der APA.

Ansprüche gegenüber dem Luxemburger SICAV-Fonds bleiben davon aber unberührt.

(Quellen: OGH, verbraucherrecht.at, APA)

Autoren

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