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Finanzkrise: Kulturwandel gegen das Misstrauen

Reichen immer schärfere Gesetze allein aus, um das erschütterte Vertrauen in die Finanzindustrie wiederherzustellen? Der Chef der britischen Finanzaufsicht glaubt nicht daran. Notwendig sei ein „Kulturwandel“ in der Branche.
Von Redaktion
09. November 2010

Für Hector Sants, Chef der britischen Finanzmarktaufsichtsbehörde FSA, liegt das Vertrauen der Gesellschaft in das Finanzsystem auch drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise auf einem historischen Tief. In einer Rede am 4. Oktober in London machte sich Sants Gedanken darüber, wie die Branche es wieder zurückgewinnen könnte. Überraschenderweise plädierte der oberste Finanzregulator nicht für noch mehr Regulierung, sondern rückte den scheinbar weichen Faktor „culture“ – also Werte und Unternehmenskultur – ins Blickfeld.

Da keine noch so ausgeklügelte Regulierungsarchitektur Fehlverhalten in Unternehmen verhindern könne, müsse stärker auf das Thema Wertvorstellungen, Ethik und Unternehmenskultur fokussiert werden, so Sants. Die Hauptverantwortung für die Durchsetzung solcher Werte verortet er ganz oben: Der „Tone from the top“ sei bestimmend für das Verhalten der Mitarbeiter. Einige Unternehmensführer seien allerdings, trotz aller Lippenbekenntnisse in der Krise, schon wieder zu riskanten Verhaltensweisen übergegangen.

„Zu oft ist das Wertegerüst, auf das große Institutionen nach außen verweisen, weit weg von der gelebten Praxis in diesen Institutionen. Die proklamierten Werte werden nicht gelebt, was gepredigt wird, wird nicht praktiziert“, kritisierte Sants.

Indizien ethischer Unternehmensführung

Behörden könnten an bestimmten Indizien durchaus festmachen, wie es um die Firmenkultur eines Unternehmens bestellt sei, ist sich Sants sicher. Zum Beispiel:

  • Lebt das Management „Wohlverhalten“ selbst vor?

  • Gelingt es dem Management, seine Unternehmensstrategie verständlich zu machen?

  • Werden Trainings für strukturierte Entscheidungsfindungsprozesse und Risikomanagement angeboten?

  • Wird richtiges Verhalten belohnt und falsches bestraft – und wie?

  • Fördert das Management eigenständiges Denken und das Durchbrechen konformistischer Verhaltensweisen?

  • Artikuliert das Management seine Vision einer unternehmensweiten Wertekultur?

Regulatoren wie die FSA wiederum könnten die „Kultur“ in Firmen beeinflussen, so Sants. Sie könnten:

  • die Zusammensetzung des Managements mitbestimmen

  • Incentives für richtiges Verhalten anbieten

  • hohe Standards im Risikomanagement durchsetzen

  • Trainings- und Fortbildungsmaßnahmen fördern

  • Sanktionen für Fehlverhalten vorsehen.

Punkt 1 ist wörtlich zu verstehen: die FSA sei dazu bereit, auf die Ablöse von Vorständen zu drängen, sollten diese Warnungen der FSA in den Wind schlagen, sagte Sants. Letztlich müsse die Finanzwirtschaft selbst das verspielte Vertrauen wieder herstellen. Sollten sich etwa Banker beim Thema Boni weiterhin unsensibel für die Sichtweise eines Großteils der Gesellschaft zeigen, werde dies nicht gelingen.

Die Rede im (englischen) Wortlaut lesen Sie bitte hier nach.

Autoren

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