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Compliance als Korrektiv im Projektmanagement

In der Abwicklung von Projekten könnten Compliance Officer – auch abseits von Antikorruptionsmaßnahmen – ein produktives Wort mitreden: Indem sie die Detailverliebtheit der Projektverantwortlichen durch die Außenperspektive erweitern.
Von Dipl.-Kfm. Thomas Schneider
03. Februar 2020

Die Relevanz eines Projektes für die Compliance wird anhand vorab definierter Indikatoren festgelegt. Dabei bilden der finanzielle Rahmen, das Land, in dem das Projekt abgewickelt wird, sowie Art und Anzahl möglicher Partner entscheidende Faktoren. Nun werden fast alle Projekte irgendwann abgeschlossen, die meisten jedoch zu spät und zu teuer. Dass es sich hierbei nicht nur um einen subjektiven Eindruck handelt, zeigt sich exemplarisch an großen Infrastruktur-Vorhaben. Der deutsche Autor darf explizit auf den Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie in Hamburg oder den Bahnhof Stuttgart 21 verweisen. Langjährige Untersuchungen zeigen, dass ca. 90 Prozent der weltweiten Infrastrukturprojekte mehr kosten als ursprünglich veranschlagt, im Durchschnitt um 28 Prozent.

Eine neue Perspektive auf Projekte durch Compliance

Dass mit der Überschreitung von Zielgrößen das Compliance-Risiko ansteigt, ist offensichtlich. Kosten werden kreativ versteckt, die Beschleunigung bestimmter Verfahren gefördert, einfachere,preiswertere, oft schlechtere Ausführungen bestimmter Komponenten gewählt.

Projekte bedürfen in den meisten Unternehmen einer Genehmigung, wobei meist nur formalisierte Angaben zur Entscheidungsfindung vorgelegt werden. Nun kann und soll kein Compliance Officer zum Projektmanager werden und auch nicht den Verantwortlichen ihr Geschäft erklären. Einen wichtigen Beitrag kann er jedoch leisten: die Veränderung der Perspektive, von der Innen- zur Außensicht.

Trügerische Innensicht

2010 wurden australische Investoren um eine detaillierte Erfolgseinschätzung ihrer aktuellen Projekte gebeten, sie sollten den Return on Investment (ROI) prognostizieren. In einem zweiten Schritt sollten sie die Erfolgschancen fremder Projekte, die nicht in ihrer eigenen Verantwortung lagen, einschätzen. Damit kam beim ersten Schritt die Innensicht, beim zweiten die Außensicht zum Einsatz.

Das Ergebnis war eindeutig: die Investoren schätzten den ROI der eigenen Projekte um 50 Prozent höher ein als den ähnlicher, fremder Projekte. Die Versuchsteilnehmer waren vom Ergebnis sichtlich beeindruckt und nutzten die Chance, die eigenen Projekterwartungen anzupassen.

Vorgehen hinterfragen

Die Kenntnisse über eigene Projekte sind notwendigerweise sehr detailliert und stets umfangreicher als die über fremde Projekte. Nun führt aber größeres Detailwissen auch zu extremeren Einschätzungen, unabhängig davon, ob es sich um Investitionen, politische Wahlen oder Pferderennen handelt.

Diese Innensicht zu verlassen und die Perspektive der Außensicht einzunehmen, führt nicht zur Anpassung einzelner Parameter, sondern zu einer grundlegenden Hinterfragung des Vorgehens. So kann die Compliance einen wichtigen Beitrag zum Projekterfolg leisten, ohne detailliertes Fachwissen zu besitzen.

Da die Compliance auch in eigener Verantwortung Projekte wahrnimmt, kann sich hier ein Einstieg in die Systematik anbieten.

Literatur

David Epstein: Range. Why Generalists Triumph in a Specialized World, Riverhead Books, New York, 2019

Buchtipp: „Wirkungsvolle Compliance“

Cover: Wirkungsvolle Compliance, © SpringerGabler
Cover: Wirkungsvolle Compliance

Thomas Schneider

Wirkungsvolle Compliance: Mit praxiserprobten Maßnahmen zur erfolgreichen Umsetzung

Verlag Springer Berlin Heidelberg, 2018

ISBN: 978-3662559406

214 Seiten

35,97 EUR

Autoren

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