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EU-Recht: Brüssel mahnt Wien

Österreich hat neue EU-Bestimmungen zum Rücktritt von Versicherungsverträgen und in Bezug auf Schwarmfinanzierungsplattformen nicht korrekt umgesetzt, weswegen die Kommission nun zum Handeln drängt.
Von Redaktion
10. Februar 2022

Die Europäische Kommission leitet regelmäßig rechtliche Schritte gegen Mitgliedstaaten ein, die ihren Verpflichtungen aus dem EU-Recht nicht nachkommen. Mit diesen Verfahren, die verschiedene Sektoren und EU-Politikfelder betreffen, soll eine korrekte und vollständige Anwendung des EU-Rechts im Interesse der Bürger und der Unternehmen gewährleistet werden.

Die EU-Kommission hatte Österreich bereits zur Umsetzung der EU-Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern aufgefordert, genauso wie 25 weitere säumige Mitgliedstaaten. Am 9. Februar folgten nun weitere Mahnschreiben. 

Rücktritt von Versicherungsverträgen

Die Kommission fordert Österreich auf, seine nationalen Rechtsvorschriften zum Schutz von Verbrauchern, die Lebensversicherungen abschließen, mit dem EU-Recht und der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs in Einklang zu bringen. Gemäß der Solvabilität-II-Richtlinie (Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit) haben Kunden, die einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen haben, das Recht, innerhalb einer 14- bis 30-tägigen Frist ihre Meinung zu ändern und vom Vertrag zurückzutreten. Das Versicherungsunternehmen muss die Kunden vor Vertragsabschluss über ihr Rücktrittsrecht informieren. Der Gerichtshof stellte klar, dass die Rücktrittsfrist nicht beginnt, wenn der Kunde nicht über sein Rücktrittsrecht belehrt wurde(C-209/12, Endress), und dass der Kunde in einem solchen Fall das Recht hat, sein Rücktrittsrecht unbefristet auszuüben, und zwar auch Jahre nach Vertragsschluss. Im Jahr 2019 ergänzte der Gerichtshof, dass den Verbrauchern eine längere Bedenkzeit zusteht, wenn die von der Versicherungsgesellschaft bereitgestellten Informationen derart gravierende Fehler aufweisen, dass der Kunde keine Entscheidung treffen kann (C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, Rust-Hackner u. a.). Der Gerichtshof präzisierte auch die Rückzahlungsansprüche von Kunden, die ihre Lebensversicherung gemäß diesen Bestimmungen kündigen. Da die nationalen österreichischen Rechtsvorschriften noch immer nicht vollständig mit der Solvabilität-II-Richtlinie und den Urteilen des Gerichtshofs in Einklang stehen, genießen Verbraucher in Österreich möglicherweise nicht den Schutz, auf den sie Anspruch haben. Die Kommission hat daher beschlossen, ein Aufforderungsschreiben an Österreich zu richten. Das Land hat nun zwei Monate Zeit, um auf die von der Kommission vorgebrachten Beanstandungen zu reagieren. Andernfalls kann die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermitteln.

Schwarmfinanzierungsplattformen

Die Kommission richtet mit Gründen versehene Stellungnahmen an Österreich und Rumänien, weil diese Länder keine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2020/1504 zur Änderung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (Richtlinie 2014/65/EU) mitgeteilt haben. Ziel dieser Richtlinie ist es, gemäß der neuen Verordnung über Europäische Schwarmfinanzierungdienstleister zugelassene Unternehmen von den Verpflichtungen der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente auszunehmen und sicherzustellen, dass alle in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Schwarmfinanzierungsplattformen den gleichen einheitlichen Regeln unterliegen, unabhängig davon, wo sie betrieben werden. Dies kommt nicht nur Investoren zugute, die mehr Investitionsmöglichkeiten und einheitliche Schutzmaßnahmen in der gesamten EU genießen, sondern auch Unternehmen, die eine Frühfinanzierung benötigen. Dadurch sollen Innovation und Wachstum in der EU gefördert werden. Die Frist für die Umsetzung dieser Vorschriften lief am 10. Mai 2021 aus. Die betroffenen Mitgliedstaaten haben bisher keine Umsetzungsmaßnahmen gemeldet. Ohne eine zufriedenstellende Antwort binnen zwei Monaten kann die Kommission beschließen, den Gerichtshof der Europäischen Union zu befassen.

Quelle: EU-Kommission

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